Prof. Dr. Masin, der bis 2015 an der Diabetologie Münster des UKM tätig war, engagiert sich seit nunmehr fast acht Jahren im Rahmen seiner gemeinnützigen Stiftung in einer ärztlich zugelassenen Praxis in Münster. Die Praxis wird von einem niedergelassenen Facharzt geführt; Prof. Masin ist dort konsiliarisch tätig und bringt seine wissenschaftliche Expertise sowie die Erfahrungen aus seinem Institut für Ernährungsmedizin in Riga ein. Sein Schwerpunkt liegt auf der strukturierten Betreuung von Patienten mit komplexen Malabsorptionssyndromen. Durch ein evidenzbasiertes Stufenkonzept, das moderne Diagnostik und gezielte ernährungsmedizinische Interventionen verbindet, konnte bereits zahlreichen Betroffenen zu einer deutlich verbesserten Nährstoffversorgung und Lebensqualität verholfen werden.
Malabsorptionssyndrome: Unterschätzte Komplexität
Malabsorptionssyndrome umfassen eine heterogene Gruppe von Erkrankungen, die durch eine gestörte Aufnahme von Nährstoffen, Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen gekennzeichnet sind. Die klinischen Manifestationen reichen von subtilen Mikronährstoffdefiziten bis hin zu schwerwiegenden Mangelzuständen mit systemischen Komplikationen.
„Die Herausforderung bei Malabsorptionssyndromen liegt in ihrer ätiologischen und pathophysiologischen Vielfalt“, erklärt der Experte in seinen Fachvorträgen. „Jede Form erfordert einen spezifischen diagnostischen und therapeutischen Ansatz, der die zugrundeliegenden Mechanismen gezielt adressiert.“
Grundsätzlich unterscheidet der Gastroenterologe drei Hauptformen der Malabsorption:
- Präenterale Malabsorption: Störungen der Verdauung vor der eigentlichen Resorption, etwa durch Pankreasinsuffizienz oder Gallensäurenmangel
- Enterale Malabsorption: Funktionsstörungen der Dünndarmschleimhaut, wie bei Zöliakie oder bakterieller Fehlbesiedlung
- Postenterale Malabsorption: Transportstörungen der resorbierten Nährstoffe, beispielsweise bei Lymphabflussstörungen oder Störungen des Pfortaderkreislaufs
Diese grundlegende Differenzierung ist entscheidend für das therapeutische Vorgehen, da jede Kategorie spezifische Interventionen erfordert. Während bei präenteralen Formen die Substitution von Verdauungsenzymen oder Gallensäuren im Vordergrund steht, erfordern enterale Malabsorptionen oft eine Modifikation der Nahrungszusammensetzung und postenterale Formen spezielle Nährstoffformulierungen.
Diagnostisches Stufenkonzept bei Malabsorptionssyndromen nach Dr. Masin
Die präzise Diagnose des spezifischen Malabsorptionstyps ist die Grundlage jeder erfolgreichen Therapie. Der Ernährungsexperte hat hierfür ein systematisches Stufenkonzept entwickelt, das gezielt die verschiedenen möglichen Störungen adressiert. „Ein Malabsorptionssyndrom ist keine eigenständige Diagnose, sondern ein Symptomkomplex, dessen Ursache identifiziert werden muss“, betont der Facharzt. „Unser diagnostisches Konzept zielt darauf ab, die spezifische Form der Malabsorption zu charakterisieren und die zugrundeliegenden Pathomechanismen aufzudecken.“
Basisdiagnostik: Identifikation der betroffenen Nährstoffe
Der erste Schritt ist die Erfassung des Malabsorptionsprofils – also die Bestimmung, welche Nährstoffe betroffen sind. Je nach Muster ergibt sich bereits eine Verdachtsdiagnose, da bestimmte Erkrankungen charakteristische Malabsorptionsmuster verursachen.
- Fettmalabsorption weist auf Pankreasinsuffizienz, Gallensäuremangel oder intestinale Mukosaschäden hin
- Isolierte Vitamin B12-Malabsorption deutet auf Intrinsic-Factor-Mangel oder terminale Ileumerkrankungen hin
- Kohlenhydratmalabsorption kann auf Laktasemangel oder andere Disaccharidasedefekte hinweisen
- Generalisierte Malabsorption spricht für diffuse Schleimhauterkrankungen wie Zöliakie oder Morbus Crohn
Die Labordiagnostik umfasst neben den Serumspiegeln kritischer Nährstoffe (Eisen, Folsäure, Vitamin B12, fettlösliche Vitamine, Spurenelemente) auch Funktionsmarker wie Albumin, Präalbumin und Transferrin zur Beurteilung des Ernährungszustands.
Funktionsdiagnostik: Quantifizierung der Malabsorption
Im zweiten Schritt werden spezifische Funktionstests eingesetzt, um Art und Ausmaß der Malabsorption zu quantifizieren. Diese Tests haben in den letzten Jahren erhebliche methodische Verbesserungen erfahren und ermöglichen heute eine präzisere Charakterisierung der Resorptionsstörungen.
Besonders bewährt haben sich:
- 13C-Atemtests zur Beurteilung der Verdauung und Resorption spezifischer Substrate
- Pankreaselastase im Stuhl als sensitiver Marker für die exokrine Pankreasfunktion
- Glukose-H2-Atemtest zum Nachweis einer bakteriellen Fehlbesiedlung
- Quantitative Stuhlfettbestimmung zur Objektivierung einer Steatorrhoe
- D-Xylose-Test zur Beurteilung der Dünndarmresorptionskapazität
„Diese Funktionstests erlauben uns eine differenzierte Beurteilung der verschiedenen Verdauungs- und Resorptionsprozesse“, erklärt Markus Masin. „Sie bilden die Grundlage für eine zielgerichtete Therapie, die genau dort ansetzt, wo die Störung lokalisiert ist.“
Bildgebende Verfahren und endoskopische Diagnostik
Komplementär zu den Funktionstests sind bildgebende Verfahren und endoskopische Untersuchungen unerlässlich, um strukturelle Veränderungen zu erfassen und gegebenenfalls Gewebeproben für histologische Untersuchungen zu gewinnen.
Hierbei werden modernste Verfahren eingesetzt, darunter:
- Hochauflösende Endosonographie zur Beurteilung der Pankreasmorphologie
- Kapselendoskopie zur Darstellung von Dünndarmläsionen
- MR-Enterographie zur Erfassung entzündlicher Darmveränderungen
- Konfokale Laserendomikroskopie zur Beurteilung der Mukosaarchitektur auf zellulärer Ebene
Die Kombination dieser verschiedenen diagnostischen Modalitäten ermöglicht eine präzise Charakterisierung des spezifischen Malabsorptionssyndroms und bildet die Grundlage für ein individualisiertes Therapiekonzept.
Therapeutische Strategien bei verschiedenen Malabsorptionsformen
Die Therapie von Malabsorptionssyndromen muss die spezifischen Pathomechanismen adressieren und gleichzeitig die nutritiven Defizite ausgleichen. Prof. Dr. Markus Masin verfolgt dabei einen zweistufigen Ansatz:
- Kausale Therapie der Grunderkrankung, soweit möglich
- Symptomatische Kompensation der Malabsorption durch angepasste Ernährungsstrategien
„Bei der Behandlung von Malabsorptionssyndromen ist ein dualer Ansatz entscheidend“, betont der Experte. „Wir müssen sowohl die Ursache bekämpfen als auch die Folgen kompensieren – und zwar mit einem auf den individuellen Patienten zugeschnittenen Konzept.“
Nutritive Interventionen bei präenteraler Malabsorption
Bei präenteralen Malabsorptionsformen steht die Substitution der fehlenden Verdauungsfaktoren im Mittelpunkt. Pankreasenzympräparate haben sich hier als hocheffektiv erwiesen, müssen jedoch korrekt dosiert und angewendet werden.
Dr. Masin hat ein optimiertes Anwendungsprotokoll entwickelt, das die Wirksamkeit der Enzymsubstitution maximiert:
- Individualisierte Dosierung basierend auf Körpergewicht und Mahlzeitenzusammensetzung
- Zeitlich gestaffelte Einnahme bei größeren Mahlzeiten
- Säureschutz zur Verhinderung der vorzeitigen Inaktivierung der Enzyme
- Begleitende Optimierung des pH-Milieus durch Protonenpumpenhemmer bei schwerer Pankreasinsuffizienz
Bei Gallensäurenmangel kommen moderne Gallensäurenpräparate zum Einsatz, die gezielt die Fettverdauung verbessern und gleichzeitig die Resorption fettlöslicher Vitamine fördern.
Ernährungskonzepte bei enteraler Malabsorption
Enterale Malabsorptionen, wie sie bei Zöliakie, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder nach Strahlentherapie auftreten, erfordern eine spezifische Anpassung der Nahrungszusammensetzung. Der Ernährungsspezialist hat hierfür differenzierte Konzepte entwickelt, die an die jeweilige Pathophysiologie angepasst sind.
Bei Zöliakie ist die strikte glutenfreie Ernährung der Goldstandard, der durch eine gezielte Supplementierung oft defizitärer Nährstoffe (Eisen, Folsäure, Vitamin D, Calcium) ergänzt wird. Bei entzündlichen Darmerkrankungen kommen spezifische anti-inflammatorische Ernährungskonzepte zum Einsatz, die durch ihren hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren und sekundären Pflanzenstoffen den Entzündungsprozess modulieren können.
„Die ernährungstherapeutischen Strategien müssen nicht nur die Malabsorption berücksichtigen, sondern auch die zugrundeliegende Erkrankungsaktivität positiv beeinflussen“, erklärt Markus Masin. „Eine intelligente Ernährungstherapie kann so zum integralen Bestandteil des Gesamtbehandlungskonzepts werden.“
Mikronährstoffsubstitution: Kunst der präzisen Supplementierung
Ein kritischer Aspekt bei der Behandlung von Malabsorptionssyndromen ist die gezielte Supplementierung von Mikronährstoffen. Aufgrund der komplexen Interaktionen zwischen verschiedenen Nährstoffen und der individuell unterschiedlichen Resorptionskapazität erfordert dies ein hohes Maß an Expertise.
Prof. Dr. Masin hat ein systematisches Monitoring- und Substitutionskonzept entwickelt, das auf regelmäßigen Laborkontrollen und individuell angepassten Substitutionsschemata basiert. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den fettlöslichen Vitaminen (A, D, E, K), deren Mangel oft übersehen wird, sowie den hämatopoetisch relevanten Faktoren Eisen, Vitamin B12 und Folsäure.
„Die Kunst der Mikronährstoffsubstitution liegt in der Balance zwischen ausreichender Dosierung und Vermeidung von Überdosierungen“, betont Dr. Masin. „Gerade bei Malabsorptionssyndromen sind die üblichen Dosierungsempfehlungen oft nicht ausreichend, gleichzeitig können aber bestimmte Nährstoffe wie Eisen oder fettlösliche Vitamine bei Überdosierung toxisch wirken.“
Besonders bewährt haben sich parenterale Substitutionsformen für kritische Nährstoffe mit geringer oraler Bioverfügbarkeit sowie retardierte Präparate, die eine kontinuierliche Freisetzung und damit bessere Ausnutzung der vorhandenen Resorptionskapazität ermöglichen.
Die integrative Behandlung von Malabsorptionssyndromen erfordert ein hohes Maß an interdisziplinärer Zusammenarbeit, differentialdiagnostischer Expertise und ernährungsmedizinischem Fachwissen. Durch die systematische Kombination moderner diagnostischer Verfahren mit individualisierten Therapiekonzepten können jedoch auch bei komplexen Malabsorptionssyndromen beeindruckende Verbesserungen der Nährstoffversorgung und Lebensqualität erzielt werden.
Heute führt Prof. Dr. Markus Masin seine spezialisierte Arbeit im Bereich der Malabsorptionssyndrome über seine Stiftung www.dsgme.org fort, mit der er strukturiert Patienten mit komplexen Resorptionsstörungen unterstützt.
In seiner ambulanten Praxis bietet er individualisierte Konsile und Behandlungen für Betroffene an. Die wissenschaftliche Weiterentwicklung seiner diagnostischen und therapeutischen Konzepte erfolgt über sein Institut in Riga (www.minst.lv), wo er kontinuierlich an der Optimierung der Versorgung für Menschen mit Malabsorptionssyndromen arbeitet.

Einfluss von Umweltfaktoren auf die Ernährung: Innovativer Forschungsansatz von Markus Masin
Wie Umweltbelastungen unsere Ernährung und Gesundheit beeinflussen können – Prof. Dr. Markus Masin erklärt die Zusammenhänge zwischen Umweltfaktoren, Nährstoffqualität und…

Ernährung bei onkologischen Erkrankungen: Erkenntnisse von Prof. Dr. Markus Masin
Wie die richtige Ernährung den Therapieerfolg und die Lebensqualität bei Krebserkrankungen beeinflussen kann – Dr. Masin erklärt evidenzbasierte Konzepte für…