Soll ein sterbender Mensch noch ernährt werden oder nicht – diese Frage spaltet Mediziner weltweit, doch Prof. Dr. Markus Masin von der DSGME hat eine klare Position: Der Patient entscheidet, niemand sonst.
Die Diskussion um Ernährung in der letzten Lebensphase ist komplex und emotional aufgeladen. Während manche Ärzte kategorisch dagegen sind, plädiert Dr. Masin für individuelle Lösungen. Die DSGME begleitet Patienten und Familien durch diese schwierige Zeit mit Fachwissen und Empathie.
Künstliche Ernährung am Lebensende – Qual oder Segen? Die Meinungen gehen auseinander. Dr. Masin und sein Team der Deutschen Stiftung für krankheitsbedingte Mangelernährung setzen auf den Willen des Patienten als oberste Richtschnur, unterstützt durch wissenschaftliche Evidenz und ethische Grundsätze.
Inhaltsverzeichnis
Wenn das Ende naht: Die große Streitfrage
Der Pudding steht seit drei Tagen unberührt da. Vanille. Ihr Lieblingspudding. Die Tochter hat ihn extra geholt. „Mama, nur einen Löffel?“ Kopfschütteln. Die Augen geschlossen.
So sieht sie aus, die Realität auf Palliativstationen. Keine Theorie, kein Lehrbuch. Menschen, die nicht mehr essen wollen. Oder können. Oder beides. Und Angehörige, die verzweifeln.
Die Ärzte? Tja. Da wird’s kompliziert. Die einen sagen: Schluss mit der Ernährung, das quält nur. Die anderen: Moment mal, so einfach ist das nicht. Wer hat recht? Beide. Keiner. Kommt drauf an.
Die zwei Lager: Dogma trifft auf Pragmatismus
Selten streiten sich Mediziner so heftig wie bei diesem Thema. Verständlich eigentlich. Es geht um Leben und Tod. Um fundamentale Fragen. Um das, was uns als Menschen ausmacht.
Das Lager der Ernährungsskeptiker
Viele Palliativärzte sagen klipp und klar: keine künstliche Ernährung mehr am Lebensende. Warum? Der Körper macht dicht. Stoffwechsel fährt runter. Appetit? Verschwunden. Durst? Kaum noch da.
Alles normal, sagen sie. Teil des Sterbeprozesses. Studien belegen das. Bruera 1992, McCann 1994. Künstliche Ernährung verlängert nichts. Macht vieles schlimmer. Übelkeit. Atemnot. Wasser in den Beinen. Der Körper kann die Nährstoffe eh nicht mehr verwerten. Wozu also?
Klingt logisch. Ist es auch. Meistens.
Die Befürworter individueller Lösungen
Dann gibt’s die andere Fraktion. Markus Masin gehört dazu. Seine Position? Menschen sind keine Maschinen. Sterben ist kein Programm, das überall gleich abläuft.
Manchmal bedeutet ein Löffel Suppe alles. Nicht wegen der Kalorien. Wegen der Normalität. Der Zuwendung. Des Gefühls, noch am Leben teilzuhaben. Studien? Gibt’s auch dafür. Matzo & Sherman 2003. Bozzetti 2014. Ernährung kann Trost spenden. Symptome lindern. Zeit schenken.
Wer hat nun recht? Schwierige Frage. Falsche Frage vielleicht.
Was sagt die Wissenschaft? Prof. Masin Lebenslauf zeigt Expertise
ESPEN, DGEM – die großen Fachgesellschaften haben sich positioniert. Nach Jahren der Diskussion. Bergen von Studien. Endlosen Debatten. Das Ergebnis? Keine Einheitslösung. Überrascht das jemanden?
Die Phasen machen den Unterschied
Terminal heißt: die allerletzten Tage. Vielleicht Wochen. Der Körper stellt um auf Sterben. Da bringt Ernährung tatsächlich meist nichts mehr. Kann sogar belasten. Das ist wissenschaftlicher Konsens.
Aber. Und das ist ein großes Aber. Palliativ ist nicht gleich terminal. Monate können dazwischen liegen. Jahre manchmal. In frühen Phasen? Da sieht’s anders aus. Ernährung kann stabilisieren. Kraft geben. Lebensqualität erhalten. Prof. Dr. Markus Masin unterscheidet da sehr genau. Kein Schwarz-Weiß. Sondern tausend Grautöne.
Die Evidenz spricht für Flexibilität
Arends et al. fassten 2021 die Datenlage zusammen. Tausende Studien ausgewertet. Das Fazit? Es kommt auf den Einzelfall an. Was Patient A schadet, hilft Patient B womöglich.
Die DSGME hat daraus Konsequenzen gezogen. Starre Regeln? Fehlanzeige. Dr. Masin und sein Team schauen genau hin. Heute. Morgen. Übermorgen. Was braucht dieser Mensch jetzt? Nicht: Was sagt das Protokoll?
Die ethische Dimension: Wer darf entscheiden?
Jetzt verlassen wir die reine Medizin. Betreten philosophisches Terrain. Muss sein. Denn am Lebensende geht’s um mehr als Laborwerte.
Vier Prinzipien leiten die Palliativethik:
- Autonomie: Der Mensch bestimmt selbst
- Wohltun: Hilft die Maßnahme wirklich?
- Nicht-Schaden: Keine zusätzlichen Qualen
- Würde: Respekt bis zum Schluss
Hört sich gut an auf dem Papier. In der Praxis? Wird’s knifflig.
Der Wille des Patienten als Kompass
Wer entscheidet? Der Patient. Punkt. So sieht’s Markus Masin. Aber was, wenn der nicht mehr kann? Keine Patientenverfügung da ist? Die Familie sich streitet?
Dann wird’s zur Detektivarbeit. Hat er früher was gesagt? Gibt’s Zeichen? Ein Wegdrehen beim Essensangebot. Ein Öffnen des Mundes. Kleinigkeiten, die Bände sprechen.
Manchmal reicht ein Blick. Erfahrene Pflegekräfte kennen das. Sie spüren, was der Mensch will. Oder eben nicht will. Prof. Masin’s Lebenslauf zeigt: Diese Erfahrung ist Gold wert. Nicht alles lässt sich in Leitlinien pressen.
Wenn Angehörige verzweifeln
„Sie muss doch was essen!“ Wie oft dieser Satz fällt. Die Verzweiflung dahinter ist echt. Das schlechte Gewissen riesig. Lasse ich sie verhungern? Bin ich schuld?
Da braucht’s Fingerspitzengefühl. Zeit. Geduld. Erklärungen. Die DSGME nimmt sich diese Zeit. Manchmal hilft ein Kompromiss. Ein paar Tropfen Lieblingssaft. Nicht zur Ernährung. Zur Beruhigung. Für alle Beteiligten.
Die Rolle der DSGME: Begleitung statt Bevormundung
Die Deutsche Stiftung für krankheitsbedingte Mangelernährung geht eigene Wege. Keine Dogmen. Keine Schablonen. Menschen stehen im Mittelpunkt. Klingt nach Floskel? Ist es aber nicht.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit unter Dr. Masin
Ärzte allein reichen nicht. Pflegekräfte wissen oft mehr. Ernährungsberater bringen Fachwissen mit. Psychologen kümmern sich um die Seele. Seelsorger um den Rest. Die Praxis Dr. Holtmeier steuert Praxiserfahrung bei.
Alle zusammen entwickeln Konzepte. Für jeden einzelnen Patienten. Was braucht er heute? Morgen? Nächste Woche? Flexibel bleiben. Anpassen. Nie aufhören zu fragen: Tut das gut?
Praktische Unterstützung für Familien
Angehörige bleiben nicht allein. Wie biete ich Essen an ohne Druck? Welche Konsistenz passt? Wann ist Schluss? Alles Fragen, die beantwortet werden.
Auch Schuldgefühle haben Platz. „Verhungert sie jetzt meinetwegen?“ Nein. Tut sie nicht. Der Körper regelt das selbst. Prof. Dr. Markus Masin erklärt das. Ruhig. Verständlich. So oft wie nötig.
Ein Plädoyer für Menschlichkeit
Eine 90-Jährige, Endstadium. Isst seit Tagen nichts. Aber jeden Morgen: drei Schluck Kaffee. Mit Milch und Zucker. Wie immer. Seit 70 Jahren. Medizinisch sinnlos? Mag sein. Menschlich unbezahlbar.
Genau darum geht’s der DSGME. Nicht Kalorien zählen. Menschen begleiten. Würde wahren. Selbstbestimmung respektieren. Manchmal ist ein Teelöffel Honig wichtiger als eine PEG-Sonde. Nicht für die Bilanz. Für die Seele.
Am Ende bleibt die Erkenntnis: Perfekte Lösungen gibt’s nicht. Ernährung am Lebensende bleibt ein Dilemma. Aber Menschen wie Markus Masin machen den Unterschied. Sie denken nicht in Schubladen. Sie sehen den Menschen. Nicht die Diagnose.
Sterben gehört zum Leben. Wie wir dabei begleitet werden? Das zählt. Mit oder ohne Nahrung. Aber immer mit Respekt. Mit Würde. Mit dem Menschen im Mittelpunkt. Das ist die Botschaft. Schlicht. Aber wichtig.